22.06.2016

Führung durch die Stolberger Burg

Bericht: Helmut Vondenhoff

Die Burg Stolberg erhebt sich auf einem steilen Kalkfelsen inmitten der Stolberger Altstadt in Stolberg (Rheinland) in der nordrhein-westfälischen Städteregion Aachen. Sie ist Wahrzeichen, Wiege und Namensgeberin der Stadt. Diese Burg war unser Ziel. Um sie näher kennen zu lernen hatten wir wieder Frau Penner-Mohren als sachkundige Führerin zur Seite, die uns auch schon im April durch die Stolberger Altstadt führte. Sie führte uns als erstes zur Torburg, die das Burgareal im Südosten der Anlage begrenzt. Diese Anlage entstand erst während des Wiederaufbaus ab Ende des 19. Jahrhunderts. Sie ist komplett aus Bruchstein errichtet und schließt sich in Höhe des Bergfrieds an den Burgfelsen an. Ihr unregelmäßiger, dreiflügeliger Grundriss ist den besonderen Gegebenheiten des Burgfelsens und der Altstadtbebauung angepasst. Frau Penner-Mohren wusste die Geschichte der Burg und besonders die Baugeschichte so interessant zu schildern und zu erklären, dass wir den Eindruck bekamen, all die Jahrhunderte und Entwicklungen der Burg selbst mit erlebt zu haben. Um die Burganlage in der heutigen Darstellung zu verstehen, muss man mit der letzten Ausbaustufe des Bauwerks beginnen. Der Stolberger Metallfabrikant Moritz Kraus erwarb 1888 die Burgruine und ließ sie im Stil des zeittypischen, romantisierenden Historismus nach Plänen des Stolberger Architekten Carl Wilhelm Schleicher und des Kölner Architekten Alfred Müller-Grah schlossartig wieder aufbauen. Neben dem Wiederaufbau des durch Pulversprengungen zerstörten Bergfrieds wurden den Gebäuden aber auch neue architektonische Elemente wie Wehrgänge und Zinnen hinzugefügt. Auch wurden einige neue Bauten errichtet.

Dem Bergfried wurde beispielsweise nördlich auf alten Grundmauern ein Dansker1 vorgebaut. Nördlich des Westturmes entstand ein wuchtiger Vierkantturm, und dem Palast setzte Kraus auf dessen Nordseite in der ganzen Gebäudelänge eine Halle vor. Ebenso ist die heutige Vorburg eine Neuschöpfung dieser Bauphase. Die Arbeiten dauerten mit zeitweiligen Unterbrechungen rund 25 Jahre und waren noch nicht abgeschlossen, als Kraus die Burg 1909 der Stadt Stolberg schenkte. Vertragsgemäß wurde durch die Stadt 1909 die Anlage mit der Errichtung der Torburg fertiggestellt. Die Torburg ist ein Neubau vom Beginn des 20. Jahrhunderts. Während des Zweiten Weltkriegs wurde die Burg nur leicht beschädigt, doch es gab Bestrebungen, die Anlage abzureißen und ihre Steine zum Wiederaufbau der zahlreich zerstörten Stolberger Wohngebäude oder zur Baukalkgewinnung zu verwenden. Aber mit Verweis auf die Modalitäten der Schenkungsurkunde, die die Stadt verpflichteten, die Burg Stolberg „auf immer zu erhalten“, setzten der damalige städtische Kulturbeauftragte sowie der Technische Beigeordnete den Erhalt des Wahrzeichens durch. Erste Sicherungsmaßnahmen von Seiten der Stadt erfolgten 1949. Am 2. Juni 1950 gründete sich dann der Stolberger Burgverein, um die Wiederherstellung der Anlage voranzutreiben. Seine Bemühungen zeigten Erfolg: Am 11. November 1951 begannen erste Um- und Rückbauarbeiten, die bis 1953 andauerten und eine Erhaltung der Bausubstanz gewährleisteten. Was als Schloss-Anlage im Jahre 1325 zum ersten Mal erwähnt, wurde in den Folgejahren restlos zerstört. Erst um 1450 begann man wieder mit einem Neubau der Burg. 1542 brannte der Fürst von Oranien die Burg restlos nieder, jedoch konnte 1545 die Burg wieder bewohnt und genutzt werden. Im 18. und 19. Jahrhundert verfiel die gesamte Anlage immer mehr zu einer Ruine. 1756 stürzten durch ein Erdbeben die Kamine ein, und die Hauptmauer war zu jener Zeit an vielen Stellen geborsten. Die stark beschädigten Gebäude dienten im 19. Jahrhundert als Notunterkünfte für Obdachlose und beherbergten Werkstätten von Handwerkern. Zum Zeitpunkt des Verkaufs auf Abbruch an die Eheleute Welter 1863 befand sie sich in einem sehr baufälligen Zustand. Welter trug dazu bei, indem er die Steine der von ihm gesprengten Mauern verkaufte. Hier beginnt unsere Geschichte wieder beim Stolberger Metallfabrikant Moritz Kraus, der die Initiative zur Restaurierung und zum Wiederaufbau der Stolberger Burg übernahm, Geld investierte und jahrzehntelange Arbeiten verrichten ließ. Wir hatten die Gelegenheit eine Führung durch das Innere der Burg mit Frau Penner-Mohren zu machen. Sie erklärte und zeigte uns die vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten der Räume von der Gastronomie bis zum Versammlungsraum und hin bis zum Trauzimmer. Eine gepflegte Inneneinrichtung und eine mittelalterlich anmutende Schlossatmosphäre laden hier zum Verweilen ein. Mit den Erklärungen der leidenschaftlichen „Stolbergerin“ wurde der Besuch zum Erlebnis.

1Ein Dansker (auch Danzker) ist eine Toilettenanlage einer Burg, die in einem Turm über einem fließenden Gewässer untergebracht ist. Der Turm ist durch eine Brücke, auf der sich ein geschlossener oder überdachter Gang befindet, mit der Burg verbunden. Die Herkunft des Wortes, das 1393 erstmals gebraucht wurde, geht wohl auf die Stadt Danzig zurück und ist ein Architekturmerkmal des 13. und 14. Jahrhunderts. (Quelle: Wikipedia)

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Start der Führung im Eingangsbereich der Burg

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Im alten Kräutergarten der Burg Stolberg

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Mächtiges Bauwerk, trutzig und wehrhaft

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Eine Festung über Jahrhunderte, Romantik

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Rundgang durch alle Teile der Stolberger Burg

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Im Festsaal, heute öffentlich zugänglich

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Im Trauzimmer auf historischem Platz

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Kurze Rast im alten Gemäuer der Burg


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